Anmerkung: Dieses Posting erschien (leider) zuerst auf Facebook

Liebe Leute, diese Woche hat der BGH entschieden, dass in einem bestimmten Fall den Eltern der Zugang zu der Facebook-Kommunikation des Accounts ihrer verstorbenen Tochter ermöglicht werden muss.

Die Eltern erhoffen sich dabei Einblick in die Gedankenwelt ihrer verstorbenen Tochter und versuchen herauszufinden, was der Auslöser ihres Suizids gewesen sein mag. Facebook hatte das über mehrere Jahre mit der Begründung verweigert, dass diese Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis unterliegt – nicht dem der verstorbenen Tochter, sondern ihrer noch lebenden Kommunikationspartner*innen. Anders als die Vorinstanz argumentiert nun der BGH jedoch, dass auch beispielsweise Briefe in den Besitz der Erben übergehen und zwingt Facebook nun zur Freigabe.

Ich halte das für ein großes moralisches Dilemma. Ich finde den Wunsch der Eltern vollkommen nachvollziehbar und berechtigt. Genauso finde ich es berechtigt, zu sagen, dass hier nicht nur die Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Tochter betroffen sind – die nach dem Tod in dieser Form erlöschen – sondern eben auch die Persönlichkeitsrechte anderer.

Ich finde es in dem Zusammenhang allerdings unglücklich und falsch vom BGH, den Status der privaten Kommunikation, die elektronisch via Facebook geführt wurde, mit dem einer klassischen brieflichen Kommunikation gleich zu setzen. Nicht nur dass Briefe eine physische Repräsentanz haben und damit einem jeden Verfasser natürlich klar ist, dass sie nicht ausschließlich von der intendierten Empfänger*in gelesen werden können, nein Briefe haben für uns auch einen anderen Anlass.

Das natürliche Problem dabei ist: wir machen uns in unserem Alltag viel zu wenig Gedanken über die Frage: was passiert mit unserem persönlichen, digitalen Vermächtnis, wenn wir eines Tages sterben? Was passiert mit unserer Kommunikation, die womöglich irgendwo noch gespeichert ist, die für uns aber beinahe den gleichen flüchtigen Charakter hat wie ein persönliches Gespräch?

Daher möchte ich diesen Anlass nutzen um dazu aufzufordern: macht euch Gedanken hierzu. Überlegt euch, wer nach eurem Tod Zugriff auf eure Kommunikation erlangen können soll.

Ich persönlich möchte nicht, dass ihr Sorge haben müsst, dass eure Kommunikation mit mir nach meinem Tod in andere Hände fällt und versuche deshalb Maßnahmen zu treffen, um dies zu vermeiden. Weil ich glaube, dass nach meinem Tod nur ihr diejenigen sein sollt, die entscheiden dürfen, wer Einblick in die Kommunikation erhält, die ihr mit mir geführt habt.

Für mich heißt das, dass ich grundsätzlich natürlich andere Kommunikationswege als den Facebook-Messenger vorziehe – während mir natürlich bewusst ist, dass gerade mit denjenigen von euch, mit denen ich nur selten in Kontakt stehe, der Facebook Messenger oft zuverlässiger ist, als die Handynummer, die ich von euch habe. Dennoch halte ich eine Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation für prinzipiell die bessere Wahl.

Für mich heißt das auch, dass ich meinen Facebook-Account so eingestellt habe, dass er im Falle meines Ablebens bitte gelöscht werden soll – und nicht im sogenannten “Memorial” oder “Gedenkmodus” gehalten werden soll. Was davon Facebook letztlich tatsächlich löschen wird, das weiß ich natürlich nicht, aber Zugriff mag bitte niemand erhalten.

Das sind meine persönlichen Entscheidungen und wenn ihr euch anders entscheidet, dann ist das in meinen Augen genauso legitim. Ich würde mir aber von allen wünschen, dass ihr euch mit dieser Frage beschäftigt und die Entscheidung auch aktiv für euch zu Lebzeiten trefft.

Das trifft auch auf viele andere Bereiche des digitalen Lebens zu. Macht euch Gedanken darüber, welche Menschen ggf. zu anderen Daten Zugriff erhalten sollen – oder gar erhalten müssen! Was ist wichtig, dass auch für eure Angehörigen zugänglich bleibt und was soll nach eurem Ableben besser für immer unzugänglich bleiben?

Trefft die Wahl, welche Inhalte ihr verschlüsselt, legt euch einen Passwort-Manager zu und entscheidet, zu welchen Accounts ihr ggf. die Passwörter auch anderweitig (und sicher) hinterlegt. Und macht von der verschlüsselten Sammlung dieser Passwörter idealerweise ein Backup, das ihr an einem sicheren Ort außerhalb eurer Wohnung aufbewahrt. Das kann auch zu Lebzeiten noch äußerst nützlich werden.

Was unseren Besitz und unseren Körper angeht, sind Entscheidungen die unser Ableben betreffen ja schon länger ein Thema, auch wenn viele Menschen dem aus dem Weg gehen. Aber bitte macht euch Gedanken darüber, wie das mit euren immateriellen Gütern aussieht.